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10. Oktober 2024
Berufskrankheiten
Was sind Berufskrankheiten?
Berufskrankheiten sind Krankheiten, die durch besondere Arbeitsbelastungen hervorgerufen werden und bestimmte Berufsgruppen stärker betreffen als die Allgemeinbevölkerung. Für eine Anerkennung als Berufskrankheit ist es notwendig, dass ein klarer Zusammenhang zwischen der Erkrankung und der beruflichen Tätigkeit besteht.
Berufskrankheiten entstehen, wenn Arbeitnehmer *innen über einen längeren Zeitraum speziellen Belastungen ausgesetzt sind. Beispiele sind Lärmbelastungen, das ständige Heben schwerer Lasten oder der Kontakt mit gefährlichen Chemikalien. Diese besonderen Tätigkeiten können mit der Zeit zu gesundheitlichen Problemen wie Gehörverlust, Rückenleiden oder Atemwegserkrankungen führen. Für eine offizielle Anerkennung muss die Krankheit in der Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) gelistet sein. Zudem kann es sich auch um sogenannte „Quasi- Berufskrankheiten“ handeln, die zwar nicht explizit aufgeführt sind, aber aufgrund neuer medizinischer Erkenntnisse mit beruflichen Belastungen in Verbindung gebracht werden können.
Wann zählt eine Erkrankung als Berufskrankheit?
Es gibt eine Liste der Berufskrankheiten, die sogenannte „Berufskrankheitenliste“. In dieser finden sich die Erkrankungen, welche als Berufskrankheit anerkannt sind. Diese Berufskrankheitenliste (BK-Liste) findet sich in der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung. Umfangreiche Dokumente zu den einzelnen Berufskrankheiten sind zum Download, z. B. auf der Seite der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (baua), verfügbar.
Berufskrankheiten werden in folgende 6 Kategorien eingeteilt:
1. Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten
2. Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten
3. Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten
4. Erkrankungen der Atemwege und der Lungen, des Rippenfells und Bauchfells und der Eierstöcke
5. Hautkrankheiten
6. Krankheiten sonstiger Ursache
Ob bei dem/der Betroffenen eine Berufskrankheit vorliegt, wird in jedem Einzelfall geprüft und durch die gesetzlichen Unfallversicherungsträger entschieden.
Anerkennung von Berufskrankheiten
Für die Anerkennung einer Berufskrankheit muss diese in direktem Zusammenhang mit der beruflich ausgeführten Tätigkeit stehen. Bei dem Verdacht prüfen die Unfallversicherungsträger folgende Punkte:
• Ist die Krankheit in der Liste der Berufskrankheiten aufgeführt?
Hinweis: In Ausnahmefällen können bestimmte Krankheiten auch ohne Eintrag in der Berufskrankheitenliste als „wie eine Berufserkrankung“ („Wie-BK“) anerkannt werden. Dies gilt nur, wenn sich die Kenntnisse in der Wissenschaft und Medizin dahingehend weiterentwickelt haben, dass hier ein konkreter Zusammenhang nachgewiesen werden kann.
• War die Person an ihrem Arbeitsplatz den schädigenden Einwirkungen ausgesetzt, die für diese Berufskrankheit gegeben sein müssen?
• Ein Zusammenhang zwischen der Entstehung der Krankheit und der Tätigkeit am Arbeitsplatz ist nachzuweisen (wenn die berufliche Tätigkeit in der Vergangenheit liegt, ist dies schwieriger nachzuvollziehen).
Ablauf eines Berufskrankheitsverfahrens
Wer meldet eine Berufskrankheit?
• Ärzte und Ärztinnen sind dazu verpflichtet, den Unfallversicherungsträger oder das Gewerbeaufsichtsamt bei Verdacht auf eine Berufskrankheit in Kenntnis zu setzen. Die Zustimmung des betroffenen Arbeitnehmers *in ist hierbei nicht erforderlich.
• Unternehmer *innen müssen den Unfallversicherungsträger bei Verdacht einer Berufskrankheit informieren. Die Zustimmung des betroffenen Arbeitnehmers *in ist hierbei nicht erforderlich.
• Die Meldung erfolgt durch die Ärzt *innen und Unternehmer *innen mit Hilfe eines speziellen Formulars. In dieses müssen Informationen zur Arbeitsvorgeschichte und medizinische Befunde und Krankheitserscheinungen eingetragen werden.
• Betroffene oder deren Angehörige können einen Verdacht selbst melden.
• Krankenkassen können sich bei einem gemeldeten Verdacht auf eine Berufskrankheit bei den Unfallversicherungsträgern melden.
Feststellung des Zusammenhangs von Erkrankung und beruflicher Tätigkeit
Als Grundlage dient eine Arbeitsanamnese. In dieser wird die Arbeitsvorgeschichte der betroffenen Person ermittelt. Hierrunter fällt die Feststellung, welchen Einwirkungen und Belastungen der Mitarbeiter *in während seiner beruflichen Tätigkeit ausgesetzt war. Dies geschieht über folgende Wege (es werden nicht alle der nachfolgend genannten Wege genutzt, sondern je nach Fall abgewägt, welche am sinnvollsten sind):
• Fragebogen für die betroffene Person
• Fragebogen für das Unternehmen
• Befragungen (Betriebsarzt/-ärztin, Sicherheitsbeauftragte, Arbeitskollegen *innen)
• Untersuchungen vor Ort im Unternehmen
• Einsicht in frühere Unterlagen zum Arbeitsplatz (z. B. Ergebnisse aus Messungen)
• Miteinbeziehen fachkundiger Personen (z. B. Betriebsarzt, Sicherheitsfachkraft, Kolleg *innen)
Wenn hier eine Gefährdung im Arbeitsbereich der betroffenen Person ermittelt werden konnte, wird geklärt, ob diese eine direkte Einwirkung auf die vorliegende Krankheit hat.
Um das zu ermitteln, werden die Krankheitsvorgeschichte und -entwicklung untersucht und ein ärztliches Gutachten eingeholt. Der Auftrag zum Gutachten wird von den Unfallversicherungsträgern an externe Ärzte gegeben. Der Unfallversicherungsträger muss der betroffenen Person mindestens drei Ärzte als Gutachter zur Auswahl stellen.
Die betroffene Person kann auch selbst Gutachter vorschlagen, diese können bei unzureichender Qualifikation jedoch vom Unfallversicherungsträger abgelehnt werden.
Bei der Entscheidung werden die Betriebsärzt *innen als Vertreter der staatlichen Arbeitsschutzbehörden hinzugezogen.
Die endgültige Entscheidung trifft der Rentenausschuss des Unfallversicherungsträger. Diese Entscheidung wird der betroffenen Person schriftlich in einem rechtsfähigen Bescheid übermittelt.
Die Kosten für das Berufskrankheitenverfahren übernimmt der Träger der Unfallversicherung.
Leistungen bei anerkannter Berufskrankheit
Wird die Berufskrankheit anerkannt, können betroffene Arbeitnehmer *innen auf verschiedene Unterstützungsleistungen zurückgreifen. Diese umfassen:
• Geldleistungen: Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 % haben Betroffene Anspruch auf finanzielle Unterstützung wie Verletztengeld oder Übergangsgeld (zwischen der Erkrankung und dem erneuten Arbeitsbeginn).
• Präventive Maßnahmen: Um eine Verschlimmerung der Erkrankung zu verhindern oder weiteren Mitarbeiter *innen vorbeugend zu helfen, können präventive Schritte eingeleitet werden. Dies ist unabhängig davon, ob die Erkrankung offiziell als Berufskrankheit anerkannt wurde.
• Berufliche & soziale Rehabilitation: Medizinische Reha-Maßnahmen, die Umgestaltung des Arbeitsplatzes oder die Umsetzung an einen anderen Arbeitsplatz oder sogar die Umschulung in einen anderen Beruf können helfen, den Betroffenen langfristig im Berufsleben zu halten.
• Hinterbliebenenrente: Sollte der Betroffene aufgrund der Berufskrankheit versterben, stehen den Angehörigen Leistungen wie eine Witwen- oder Waisenrente zu.
• Pflegeleistungen: Bei Bedarf können Pflegeleistungen zusätzlich zur Unterstützung in Anspruch genommen werden.
Was muss der Arbeitgeber *in/Unfallversicherungsträger tun?
Wenn eine Gefahr ermittelt wurde, die demnach auch Auswirkungen auf die anderen Mitarbeiter *innen haben kann, müssen entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden, um die Gefährdung einzudämmen. Diese können mit Hilfe des STOP-Prinzips ermittelt werden. Maßnahmen können z. B. sein:
• Arbeitsstoffe austauschen (Substitution)
• Schutzvorrichtungen anbringen (Technische Maßnahmen)
• Zeit der Mitarbeiter *innen am Arbeitsplatz verringern (Organisatorische Maßnahmen)
• Persönliche Schutzausrüstung (PSA) zur Verfügung stellen (Persönliche Maßnahmen)
Rolle des Betriebsarztes und der Sicherheitsfachkraft
Ein Betriebsarzt oder eine Betriebsärztin ist ein wichtiger Ansprechpartner *in bei der Prävention von Berufskrankheiten. Er kann zusammen mit der Sicherheitsfachkraft (Sifa) potenzielle gesundheitliche Risiken am Arbeitsplatz frühzeitig erkennen und präventive Maßnahmen einleiten. Zudem unterstützen sie sowohl den/die Arbeitgeber *in als auch die Mitarbeiter *innen, indem sie gesundheitsfördernde Arbeitsbedingungen schaffen und Hinweise zum korrekten Verhalten am Arbeitsplatz geben.
Im Berufskrankheitenverfahren selbst ist die Einbindung des Betriebsarztes sinnvoll (und wird auch oft von den Unfallversicherungen gewünscht), da er durch seine Expertise die Belastungen vor Ort einschätzen kann (siehe „Ablauf einer Anerkennung“). Der/die Betriebsarzt *in sollte über jede Berufskrankheitenanzeige in Kenntnis gesetzt werden.
Handlungsmöglichkeiten bei Ablehnung
Sollte eine Berufskrankheit von der Unfallversicherung nicht anerkannt werden, haben Betroffene die Möglichkeit, Einspruch einzulegen. Dieser Einspruch kann innerhalb eines Monats beim Unfallversicherungsträger eingereicht werden. Wird dieser abgelehnt, bleibt der Gang zum Sozialgericht, wo kostenfrei gegen den Bescheid geklagt werden kann.
Fazit
Berufskrankheiten sind ein ernstes Thema, das sowohl Arbeitnehmer *innen als auch Arbeitgeber *innen betrifft. Vorbeugung, Aufklärung und rechtzeitige Maßnahmen können helfen, das Risiko zu minimieren und bei Erkrankungen die nötige Unterstützung sicherzustellen. Arbeitgeber *innen sind dabei besonders gefordert, potenzielle Gefahrenquellen frühzeitig zu erkennen und für sichere Arbeitsbedingungen zu sorgen. Ein Betriebsarzt und eine Sicherheitsfachkraft können hier entscheidend zur Prävention beitragen und das Wohl der Mitarbeiter *innen langfristig sichern.